Schriftvergleich
von Julia Knödler (Halle)
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Der Vergleich von Schreiberhänden gehört zu den wichtigsten paläographischen Arbeitstechniken. Mit Hilfe dieser Methode können viele Forschungsfragen beantwortet werden.
Film: Schriftvergleich
Wenn man Schriftproben derselben Schriftart hinsichtlich ihrer Entstehungszeit und ihrer geographischen Herkunft differenzieren möchte, muss man sie auf bestimmte Merkmale hin vergleichen.
1. Schriftvergleich
Entscheidend ist hierbei die Kenntnis der jeweiligen Spezifika, die eine Schriftart in ihren jeweiligen Entwicklungsstadien auszeichnen. Dies können einzelne Stilelemente, die Proportionen der Schrift (wie beispielsweise das Verhältnis von Ober-, Mittel- und Unterlängenbereich), der Schriftwinkel (d. h. der Winkel zwischen den Buchstabenschäften und der Grundlinie), das Auftreten bestimmter Ligaturen und Abkürzungen oder die Art der Auszeichnungsschriften sein.
2. Schreiberhände
An der Erstellung einer Handschrift waren in der Regel mehrere Schreiber beteiligt, die ihre Vorlage entweder gleichzeitig lagenweise abschrieben oder sich nacheinander abwechselten. In vielen Fällen ist nicht auf den ersten Blick erkenntlich, an welchen Stellen die eine Hand aufhört und die andere beginnt. Schwierig zu beantworten ist die Frage nach dem Handwechsel bei Codices, die auf ein einheitliches Schriftbild hin angelegt waren. Bei der Erstellung solcher Bücher arbeiteten die Schreiber mit stark normierten kalligraphischen Schriften, die kaum individuelle Züge erkennen lassen. Ein erster Schritt kann eine Untersuchung der Buchstaben, besonders der kompliziert gebauten, und ihrer Struktur sein. Doch bringt der Einzelbuchstabenvergleich nicht immer ein eindeutiges Ergebnis; in solchen Fällen können jedoch Ligaturen, Interpunktions- und Abkürzungszeichen den einzelnen Schreiber verraten.
Gebrauchshandschriften
Aber auch bei einfacheren Gebrauchshandschriften, die nur mittleres bis niedriges kalligraphisches Niveau aufweisen, kann die Differenzierung von Schreiberhänden schwerfallen, besonders wenn ein und derselbe Schreiber mehrere Niveaustufen einer Schriftart oder verschiedene Schriftarten beherrscht. Häufig greifen Schreiber zudem – gerade im Spätmittelalter – auf ein ganzes Repertoire von Buchstabenformen auch innerhalb ein und derselben Schriftart zurück. Außerdem kann sich im Laufe des Schreibprozesses eine Schrift verändern, wenn beispielsweise durch Ermüdung des Schreibers der Duktus großzügiger und kursiver wird, wodurch sich die Morphologie der einzelnen Buchstaben verändern kann. Trügerisch kann auch der Wechsel von Feder und Tinte sein, denn eine solche „Bruchstelle“ muss nicht automatisch einem Schreiberwechsel gleichkommen.
3. Autographen
Schließlich ist Schriftvergleich bei der Erforschung von Autographen von zentraler Bedeutung, etwa wenn man die Schriftentwicklung einzelner Persönlichkeiten nachvollziehen möchte. Das Koordinatensystem bilden hierbei einwandfrei datierte Schriftproben: Bücher, die durch Kolophone sicher zu bestimmen sind, oder Urkunden und Briefe mit Datierungszeilen. In unserem Film werden oben genannten Themenbereiche anhand von Fallbeispielen aus dem Früh-, Hoch- und Spätmittelalter näher erläutert.