Quellenerschließung2. Die "Deutschen Reichstagsakten" (RTA)Die Ältere Reihe der „Deutschen Reichstagsakten“: Konzeptionelle Überlegungen

Die Ältere Reihe der „Deutschen Reichstagsakten“: Konzeptionelle Überlegungen

von Gabriele Annas (Frankfurt)

Lesezeit: ca. 14 Minuten

Gegenstand der Älteren Reihe der „Deutschen Reichstagsakten“ sind die Reichsversammlungen vom ausgehenden 14. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, die möglichst weitreichend quellenmäßig dokumentiert werden sollen. Mit diesem Editionsauftrag ist ein weitgesteckter konzeptioneller Rahmen verbunden, der im Laufe der langen Geschichte des Editionsunternehmens unterschiedlich ausgefüllt wurde. Bis heute geschieht dies im engen wissenschaftlichen Kontakt und Austausch mit der mediävistischen Forschung.

Die Ältere Reihe der „Deutschen Reichstagsakten“ (Auswahl)
© Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften/Robert Brembeck

Leopold Ranke: Reichstagsgeschichte ist Reichsgeschichte

Bereits in einem posthum erschienenen Beitrag aus dem Jahre 1838 „Über einige noch unbenutzte Sammlungen deutscher Reichstagsakten“ hatte Leopold Ranke dargelegt, dass „die Geschichte der Reichstage […] die Geschichte der Regierung von Deutschland“ sei. Im Rahmen der Frankfurter Verhandlungen der Germanisten im September 1846 sprach darüber hinaus Georg Heinrich Pertz die Empfehlung aus, dem geplanten allgemeinen deutschen Geschichtsverein „einen bedeutenden wissenschaftlichen Gegenstand zum Ziele“ zu setzen; „als solcher eigne sich ganz vorzüglich die Herausgabe der Reichstagsverhandlungen, welche den Kern der Reichsgeschichte bildeten“. In der Reichstagsgeschichte konkretisierte sich mithin – so die zeitgenössische Auffassung – zugleich die Reichsgeschichte.

Julius Weizsäcker (1860-1889): Was sind „Reichstage“?

Ausgehend von diesen Überlegungen sollte sich die Edition der „Deutschen Reichstagsakten“ ursprünglich auf die Dokumentation der Reichstage selbst konzentrieren (und dabei mittelbar auch die deutsche Reichsgeschichte erschließen). Bereits frühzeitig waren jedoch die Schwierigkeiten erkannt worden, die mit der Definition des breit gefächerten Spektrums reichspolitischer Zusammenkünfte als „Reichstage“ verknüpft waren. Die zeitgenössische Begrifflichkeit bietet zumindest für die Reichsversammlungen des späten Mittelalters hier keinen Anhaltspunkt, da der Ausdruck „Reichstag“ erstmals am Ende des 15. Jahrhunderts, im unmittelbaren zeitlichen Umfeld des Wormser Reichstags 1495, quellenmäßig belegt ist.

In Verbindung mit den ersten editorischen Planungen hatte Georg Voigt 1859 auf den Umstand hingewiesen, dass „es zumal für das 14. und 15. Jahrhundert oft eine schwierige Frage [ist], ob dieser oder jener Versammlung der Charakter eines Reichstages zukomme oder nicht. Im zweifelhaften Fall ist eine Ausdehnung des Begriffes eher zu rechtfertigen als eine Einschränkung.“ Entsprechend konstatierte auch Julius Weizsäcker im Vorwort zum ersten Band der „Deutschen Reichstagsakten“ (1867), dass „es […] schon von vornherein sehr schwer, wo nicht unmöglich [ist], zu sagen, was in der Zeit, um die es sich zunächst handelt und in der kaum der Name für diese Sache vorkommt, ein Reichstag ist“.

Drei Kriterien

Gleichwohl unternahm Julius Weizsäcker die schwierige, editorisch jedoch gebotene Aufgabe, Richtlinien zur Klassifizierung spätmittelalterlicher Reichsversammlungen zu entwickeln:

(1) Beratung von Reichsangelegenheiten;

(2) Einberufung der Zusammenkunft durch das Reichsoberhaupt bzw. Abhaltung der Versammlung in Anwesenheit des Königtums – persönlich oder durch bevollmächtigte Räte;

(3) Besuch durch Fürsten und städtische Gesandtschaften.

Mit Blick auf die Behandlung von Reichsmaterien wurden neben diesen „wirkliche[n] Reichstage[n]“ auch königliche Fürsten- oder Städtetage berücksichtigt. Gleiches gilt für Wahl- und Krönungstage, Kurfürstentage sowie „selbst einfache Fürstentage und Städtezusammenkünfte, die eine hervorragende Reichssache betreffen, […] auch wenn sie nicht vom König berufen oder von seinen Vollmachtträgern geleitet wurden“. Entscheidendes Kriterium war mithin – ganz im Sinne eines Leopold Ranke und Georg Heinrich Pertz – der reichspolitische bzw. reichsgeschichtliche Gehalt der betreffenden reichsständischen Zusammenkünfte.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen wurden im Rahmen des ersten Bandes der „Deutschen Reichstagsakten“ für die Jahre 1376 bis 1387 insgesamt 13 „Hauptversammlungen“ konstitutiert, darunter zehn „Reichstage“ (einschließlich Wahl- und Krönungstagen), zwei königliche Städtetage sowie ein königlicher Fürstentag. Für die Jahre 1388 bis 1397 dokumentiert der zweite Band demgegenüber zehn „Hauptversammlungen“: drei Reichstage, vier königliche Friedenstage sowie drei Fürsten- und Städtetage.

Definitorische Probleme

In den folgenden Jahrzehnten sahen sich die Bearbeiter der „Deutschen Reichstagsakten“ jedoch wiederholt mit definitorischen Problemen konfrontiert. Denn die Geschichte der spätmittelalterlichen Reichsversammlungen ist durch vielfältige politisch-rechtliche Aushandlungsprozesse zwischen „Königtum und Reich“ bestimmt, die durch die von Julius Weizsäcker formulierten allgemeinen Richtlinien nicht immer angemessen erfasst werden. Obgleich beispielsweise die im Januar 1409 von König Ruprecht I. (1400-1410) einberufene Frankfurter Versammlung hinsichtlich der behandelten Reichsmaterien durchaus reichstagsähnliche Züge trug, wurde sie angesichts des Fehlens städtischer Gesandtschaften nur als „Königlicher Fürstentag“ bezeichnet. Ähnliches gilt auch für die von Helmut Weigel (1891-1974) als „Königlicher Fürstentag“ klassifizierte Frankfurter Zusammenkunft im November 1439. Umgekehrt wurden sowohl die im Februar 1443 geführten Nürnberger Verhandlungen als auch die Frankfurter Beratungen im Juni/Juli 1445 als „Reichstage“ qualifiziert, obgleich eine Mitwirkung kommunaler Vertretungen hier nicht nachzuweisen ist.

Ludwig Quidde (1889-1935): erste Kontroversen

Mit dem zeitlichen Voranschreiten der „Deutschen Reichstagsakten“ verband sich zugleich die Notwendigkeit, die im 15. Jahrhundert stark anwachsenden Stoffmassen editorisch angemessen zu bewältigen. Unter der Leitung Ludwig Quiddes waren in der Zeit von 1898 bis 1906 drei weitere Reichstagsakten-Bände – für die Jahre 1431 bis 1437 – erschienen, welche die betreffenden Reichsversammlungen vor dem Hintergrund des Basler Konzils (1431-1449) breit dokumentierten. Kirchenfrage und Reichs(tags)politik verschränkten sich hier auf das Engste. Dies führte zu dem für die „Deutschen Reichstagsakten“ bemerkenswerten Umstand, dass der insgesamt 1142 Seiten umfassende Band 10 (Gotha 1906) für die Jahre 1431 bis 1433 tatsächlich keinen einzigen „Reichstag“ präsentiert.

Nachfolgend publizierte Hermann Herre 1912 den ersten Teil des Bandes 15, der auf 524 Seiten neben dem Frankfurter Wahltag (Februar 1440) sowie einer geplanten Nürnberger Reichsversammlung (November 1440 bzw. Januar 1441) vor allem reichspolitische Verhandlungen thematisierte. In diesem Zusammenhang entzündete sich innerhalb der Historischen Kommission eine Kontroverse über den Umgang mit dem umfangreichen Quellenmaterial und das weitere editorische Vorgehen der Älteren Reihe.

Schreiben des langjährigen Leiters des Großherzoglichen Staatsarchivs in Weimar Dr. Carl August Hugo Burkhardt (1830-1910) an Dr. Hermann Herre, außerordentliches Mitglied der Historischen Kommission in München, 6. Februar 1907, Sammlung der Arbeitsstelle Frankfurt der "Deutschen Reichstagsakten, Ältere Reihe"
Transkription

Auf das Gesuch Ew. Hochwohlgeboren vom 4./6. d. Mts. erwiedert der Vorstand des Gesammtarchivs, daß er der Commission zur Herausgabe der deutschen Reichstagsakten gern die tunlichste Förderung des Unternehmens angedeihen lassen wird, und den beteiligten Regierungen direct auch die Genehmigung des Gesuchs empfohlen hat, das nach beiliegender Archivordnung an das hiesige Staatsministerium zu richten gewesen wäre. Da die Genehmigung unbedingt erfolgen wird, so wird der Vorstand des Archivs in tunlichster Kürze die Archivalien an die im Schreiben genannte Stelle absenden lassen. Zum Gesuch selbst ist zu bemerken, daß die Versendung von Archivrepertorien (No. 1 des Gesuchs) unbedingt ausgeschlossen werden muß, da die starke Benutzung der Archive dies verlangt.

Dr. Burkhardt

Neue Editionsrichtlinien (1914)

Im Rahmen der jährlichen Plenarversammlung wurden schließlich 1914 neue Editionsrichtlinien vereinbart, die sich wesentlich auf ein von Ludwig Quidde 1913 formuliertes Gutachten stützten. Gegen eine für die Jüngere Reihe vorgesehene starke Komprimierung des Materials – mit Quellenauszügen und -regesten in strikt chronologischer Anordnung – sprach sich Ludwig Quidde für die Fortsetzung des bisherigen Editionsverfahrens aus. Die Volltext-Dokumentation blieb dabei den Reichstagsakten im engeren Sinne vorbehalten, die im unmittelbaren Kontext der Reichsversammlungen und vergleichbarer Tagsatzungen entstanden waren. Alle übrigen ausgewählten Quellenstücke sollten als Exzerpte bzw. in Form von Aktenreferaten wiedergegeben werden, die Einleitungen darüber hinaus – wenn möglich – in einer gekürzten Fassung.

Denkschrift Ludwig Quiddes zur Edition der Älteren Reihe der "Deutschen Reichstagsakten" (1914 gedruckt)
© Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Hermann Heimpel (1935-1979): Akten zur Reichspolitik / Reichstagsakten

Durchaus kritisch wurden die 1914 beschlossenen neuen Editionsrichtlinien von Hermann Heimpel (1901-1988) betrachtet, der 1935 die Nachfolge Ludwig Quiddes als Abteilungsleiter der Älteren Reihe angetreten hatte. Durch eine Konzentration auf Reichstagsakten im engeren Sinne würde man zwar bald zum Abschluss des Editionsunternehmens gelangen, hätte jedoch zugleich „mit dem Sieb geschöpft“. Entsprechend formulierte er 1958 – zum 100-jährigen Bestehen der Historischen Kommission – konzeptionelle Modifikationen, die mit dem Hinweis auf die strukturellen Wandlungen des Reichs und der Reichspolitik vor allem seit den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts begründet wurden.

„Wir geben unter dem beizubehaltenden Titel der Reichstagsakten“ – so Hermann Heimpel – „tatsächlich Akten zur Reichspolitik“, „weil die Reichstage als solche unter Friedrich III. gegenüber den früheren Regierungen zwar wichtig bleiben, aber im Ganzen doch unwichtiger werden“. Die Reichstage bildeten auch weiterhin das „chronologische Gerüst“, seien jedoch „eben nurmehr die gliedernden Stationen für die Geschichte der Reichspolitik im Ganzen“. Gegenüber den bei der Gründung des Editionsunternehmens angedachten verfassungsgeschichtlichen Fragestellungen sollten nun verstärkt politisch-historische Gesichtspunkte Berücksichtigung finden: Akten zur Reichspolitik statt Reichstagsakten.

Verschärfung der editorischen Probleme

Die von Hermann Heimpel angemahnte stärkere reichsgeschichtliche Ausrichtung der „Deutschen Reichstagsakten“ verschärfte jedoch noch einmal die altbekannten editorischen Probleme, die sich bei der Bewältigung der stetig anwachsenden Stoffmassen ergaben. So waren nach 1935 insgesamt (bis 1979) nur drei weitere Reichstagsakten-Bände erschienen. Sollte das Editionsunternehmen nach mehr als 120 Jahren in absehbarer Zeit zu einem Abschluss gelangen, musste die konzeptionelle Gestaltung erneut kritisch überdacht werden.

Erich Meuthen (1979-2002): Reichstagsakten als Tagakten

Entsprechende Überlegungen orientierten sich nicht zuletzt an den Ergebnissen der jüngeren verfassungshistorischen Forschung, die vor allem auf die grundsätzliche institutionelle (Noch-)Offenheit der spätmittelalterlichen Reichsversammlungen hingewiesen hatte. Nicht ein zuvor festgelegter Themen- und Teilnehmerkreis, nicht spezifische Verfahrensweisen oder bestimmte Orte, sondern das gemeinschaftliche Tagen war – so der langjährige Kölner Abteilungsleiter Erich Meuthen (1929-2018) – „das strukturell Entscheidende. Wenn man sich ‚vertagte‘, klammerte man sich geradezu an den Sachverhalt des ‚Tagens‘ als politischer Erfolgschance.“ „Reichstagsakten“ werden so zu „Tagakten“, die das Tagen als allgemeines reichspolitisches Handlungs- und Verhaltensprinzip verstärkt in das Blickfeld rücken.

Weiträumiges Tagungsgeflecht

Zugleich wird auf diese Weise ein weiträumiges regionales und überregionales Tagungsgeflecht sichtbar, das in seiner Bedeutung als tragendes Gerüst des sich formierenden frühneuzeitlichen Reichstags nicht zu unterschätzen ist. Entsprechend erscheinen die Reichsversammlungen des späten Mittelalters nicht mehr – wie noch in der älteren Forschung – als einsame „Solitäre“ im Gefüge der Reichspolitik, sondern als „Knotenpunkte“ in einem bisweilen engmaschigen, bisweilen weitmaschigen „Tagungsnetz“.

Editorische Konsequenzen

Doch welche editorischen Konsequenzen verbinden sich mit diesen Überlegungen? Grundsätzlich orientiert sich die konkrete konzeptionelle Gestaltung der einzelnen Reichstagsakten-Bände am Verfahren und Verlauf der jeweiligen Reichsversammlungen, verschränkt dabei jedoch zugleich chronologische, quellentypologische und thematische Ordnungsprinzipien zu einem komplexen Gesamtgebilde: von der Einberufung bis zur Beschlussfassung, von Urkunden und Briefen bis zu protokollartigen Aufzeichnungen, Reden und Rechnungen, von Reichssachen bis zu Fürstenmaterien.

„Konstruktivistischer“ Charakter älterer Bände

Das bisweilen (allzu) starre Festhalten an institutionellen Kategorien (Einberufung, Verhandlungen, Abschied) auch in jenen Fällen, in denen unmittelbare Quellenhinweise fehlen, haben vor allem den älteren Bänden der „Deutschen Reichstagsakten“ immer wieder den Vorwurf des „Konstruktivismus“ eingebracht. Prägnant formuliert wurde diese Kritik beispielsweise von Peter Moraw (1935-2013), der 1993 konstatierte, „daß es den von zahlreichen Bänden der Älteren Reihe der Deutschen Reichstagsakten edierten Reichstag des späten Mittelalters überhaupt nicht gegeben“ habe. Dieser sei vielmehr „(bis etwa 1470) ein Phantom der Sucher nach dem Staat“ gewesen.

Regensburg 1454: die gelehrte „Meistererzählung“

Das „klassische Schema“ der älteren Bände – mit der „institutionellen“ Präsentation der einzelnen Reichstage – war mit dem von Henny Grüneisen (1917-1973) und Helmut Weigel 1969 publizierten Band 19/I zu den Regensburger Beratungen im Frühjahr 1454 gelockert bzw. erweitert worden. Ganz im Sinne Hermann Heimpels wurde eine stärker reichsgeschichtlich orientierte Quellendokumentation geboten, die auf einer wesentlich narrativen Grundlage die einschlägigen Aktenstücke zusammenfügte. Die vorhandenen Stoffmassen sollten nicht zuletzt durch zahlreiche Teildrucke und Aktenreferate bewältigt werden. Auf diese Weise entstand eine gelehrte „Meistererzählung“, die durch die kunstvolle Verbindung thematisch zusammengehöriger Quellenpassagen die Geschichte der Regensburger Reichsversammlung aktenmäßig nachzeichnete.

Gegenwart und Zukunft: die „offene Edition“

Gestützt auf die zitierten Überlegungen Erich Meuthens wurde demgegenüber für die noch in Bearbeitung befindlichen Reichstagsakten-Bände ein Konzept der „offenen Edition“ entwickelt, die – sofern möglich – das Panorama der betreffenden Reichsversammlungen multiperspektivisch aufzufächern sucht. „Offene Edition“ meint in diesem Zusammenhang eine stärker objektivierende Quellenpräsentation, die möglichst vielfältige Informationen zu den jeweils ausgewählten Schriftstücken zusammenstellt.

Zum einen ist damit das Bemühen verknüpft, die in der Forschung zumindest implizit eingeforderte interpretatorische „Offenheit“ der „Deutschen Reichstagsakten“ editorisch angemessen umzusetzen. „Konstruktivistische“ Engführungen des Quellenmaterials sollen – im Sinne der Kritik Peter Moraws – vermieden werden, die volatilen politisch-rechtlichen Aushandlungsprozesse zwischen „Königtum und Reich“ hingegen verstärkt Beachtung finden. Zum anderen verbindet sich mit dem Konzept der „offenen Edition“ das Bestreben, die ausgewählten Quellen in gleicher Weise auch für andere Themenstellungen nutzbar zu machen und nicht auf ihren reichstagsrelevanten Informationsgehalt zu reduzieren.

Ein Beispiel: technische Kürzungen

Noch Hermann Heimpel hatte die Auffassung vertreten, dass in zahlreichen Fällen „die Titulaturen gleichgültig sind und stören“. Und so dürfe denn auch „das Charakteristische vom Typischen nicht wie vielfach früher erstickt [werden], damit nicht der Benutzer vom ewig Wiederkehrenden ermüdet werde“. Doch auch und gerade dem Seriellen und Typischen kann ein spezifischer historischer Erkenntniswert zugeordnet werden. So wird beispielsweise im Rahmen der gegenwärtigen Editionsarbeit auf technische Kürzungen (bei Anreden, Titulaturen, Grußformeln, Datumszeilen) verzichtet. Der potentielle Mehrwert für alte und neue Forschungsfragen ist letztlich größer als der Gewinn durch wenig raumsparende und zugleich zeitaufwändige Kürzungsarbeiten, die das (vermeintlich) Charakteristische stärker in den Vordergrund rücken.

Zitiervorschlag
Gabriele Annas: Die Ältere Reihe der „Deutschen Reichstagsakten“: Konzeptionelle Überlegungen, in: Mathias Kluge (Hg.), Mittelalterliche Geschichte. Eine digitale Einführung (2021). URL: https://mittelalterliche-geschichte.de/annas-gabriele-03